RE-WAR ist ein interdisziplinären Kunstprojekt über rechtsfreie Räume und neue Kriegsformen.
Ausgehend von den Überlegungen in Giorgio Agambens „Homo-Sacer“-Projekt beschäftigen sich KOIKATE und der Komponist Sagardía mit politischen, rechtlichen und philosophischen Begriffen und deren Übertragungen in künstlerische Zusammenhänge. Gemeinsam mit Künstlern anderer Disziplinen nähern wir uns dem umfassenden Themenkomplex mit Ausstellungen, Installationen, Lectures und Konzerten.
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Seit dem 11. September 2001 verschärfen Regierungen weltweit die Sicherheitsgesetze um zukünftige Terroranschläge zu verhindern. Gleichzeitig erleben wir Naturkatastrophen, die in immer kürzeren Zyklen und mit immer größerer Gewalt aufzutreten scheinen. Der politische und rechtliche Normalzustand unserer Gesellschaft verwandelt sich unmerklich in einen permanenten Ausnahmezustand. Unsere sicher geglaubten gesellschaftlichen Rechtsräume werden von zwei Seiten bedroht: von innen durch die Entstehung rechtsfreier Räume, von außen durch die schonungslose Härte natürlicher Ereignisse. Wo positionieren wir uns in diesem Spannungsfeld? Können wir überhaupt zurück in einen politischen Normalzustand? Oder finden wir neue Formen für die Definition unserer gesellschaftlichen Rechtsräume? |
RE-WAR geht vom Begriff des rechtsfreien Raumes Giorgio Agambens aus. In diesem Raum sind die klassischen Bürgerrechte aufgehoben, das Leben erscheint als nacktes Leben. Neu aber ist, dass er nicht mehr zufällig als Notlage erklärt oder verhängt wird, sondern als gewollte stabile Realisierung der Ausnahme herbeigeführt wird. Diese Ausnahme ist keineswegs das Ende des Rechts, im Gegenteil, sie bleibt konstitutiv für die biopolitische Souveränität.
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„Das Lager, das sich mittlerweile fest in seinem [des Staates] Inneren eingelassen hat, ist der neue biopolitische nómos des Planeten.“* In der globalen, multimedialen Welt trägt nach der totalen Mobilmachung jeder seinen Käfig mit sich: „Von den Lagern gibt es keine Rückkehr zur klassischen Politik; im Lager sind Staat und Haus ununterscheidbar geworden, und die Möglichkeit, zwischen unserem biologischen Körper und unserem politischen Körper, zwischen dem, was nicht mittelbar und stumm, und dem, was mittelbar und sagbar ist, zu unterscheiden, ist uns ein für allemal genommen.“** Der Staat greift auf unsere Mobilfunktelefone und Rechner, sprich: auf unser Reden und Schweigen zu. Unser Leben ist vollkommen künstlich, verkabelt, wir hängen an der nun drahtlosen Nabelschnur der Technik und es gibt viele, die an dieser Nabelschnur ziehen. Politik und Unternehmen, Hand(y) in Hand(y), sickern durch diese Plazenta durch, als Mikromacht nisten sie sich in allen lebenden und funkenden Zellen ein. Keineswegs metaphorisch: die Umkabelung, der Anschluss an die Mutter Matrix ist materialistisch/real. Es gibt bereits Staaten, die gesetzlich jedem ein Recht auf Internet garantieren. Wenn die Unterscheidung zwischen Zivilrecht und Ausnahmezustand verwischt bleibt, wenn das Lager das biopolitische Paradigma der westlichen Politik darstellt, verbleicht die Grenze zwischen dem zivilen und militaristischen Gebrauch der Technik, falls er je vorhanden war, so dass wir uns nicht mehr sicher sind, ob „nie wieder Krieg“ dann doch nicht eher „immer-schon Krieg“, RE-WAR, heißt.
* Agamben, Giorgio, „Die Souveränität der Macht und das nackte Leben“, S. 186. ** Ebd., S. 197. |
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RE-WAR Interdisziplinäres Kunstprojekt
Februar 2011 bis Januar 2012, Cité Internationale des Arts, Paris und Berlin
Lecture / Konzert / Installation Von und mit: Sebastian K König, Lea Walloschke, Sagardía, Maximillian Marcoll, Marc Tritschler
Fotos © KOIKATE & RE-WAR |
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